Malort nach Arno Stern
Das Wie und Was der Malorte
Malorte sind Orte für wirklich alle. Malen aus reiner Lust, aus einem inneren Bedürfnis heraus. Ohne Deutung, ohne Wertung. In den Malorten können die Kinder sich ganz und gar dem Malen widmen, ohne sich nach bestimmten Erwartungen richten zu müssen, ohne inhaltliche Vorgaben. Alles wird von den BegleiterInnen sorgfältig vorbereitet.
Im Zentrum des hellen, von der Außenwelt abgesonderten, Raums lädt der bunte Palettentisch mit 18 Farben und je drei Fellhaar-Pinseln zum Malspiel ein. Die Wände bieten genug Platz fürs Aufhängen der Blätter, eins oder auch mehrere aneinander oder übereinander gehängt. Alles wird sorgfältig und liebevoll vorbereitet. Die PädagogInnen begleiten die Malenden, hängen die Blätter auf, platzieren die Reisnägel um, achten darauf, dass genug Farbe da ist. Sie schaffen eine wohlwollende, entspannte Atmosphäre und unterstützen, ohne zu belehren, zu deuten oder zu werten.
Der Malort ist ein geschützter, geborgener Raum («Closlieu» nach Arno Stern). Die räumlichen Bedingungen und die regelmäßig wiederkehrende gleiche Situation mit ihren einfachen Spielregeln haben eine förderliche Wirkung auf den Malprozess und geben den Malenden innere Freiheit für ihre Entwicklung. Ein Entwicklungsprozess braucht Zeit. Der Malort wird regelmäßig von der gleichen Gruppe besucht, einmal wöchentlich während 90 Minuten.
Die Malortdienende
Im Frühling 2016 war ich in Paris und absolvierte bei Arno Stern die Ausbildung zur Malortdienenden. Meine Rolle als dienende Person beinhaltet, den Menschen im Malort eine ruhige und angenehme Atmosphäre zu schaffen. Ich achte darauf, dass genügend Platz vorhanden ist, dass es ihnen während dem Malen wohl ist. Ich hänge die Blätter auf, stellt die Hocker zum Sitzen oder höher Stehen an den gewünschten Ort, fülle die Farben auf oder platziere nach Wunsch die Reißnägel an einen anderen Ort auf dem Blatt, damit weitergemalt werden kann. Ich unterstütze achtsam und sorgfältig, ohne zu urteilen, zu deuten, zu werten.
Durch diese Rolle entsteht eine gleichwürdige, wertschätzende Beziehung zu den Menschen im Malort.
Claudia Saunders — Malortdienende Momokita
Malorte in den Momo Kitas
„Nirgends ist möglich, was hier im Malort geschieht. Nirgends kann die Person ein Spiel erleben, das dermassen nur dem eigenen Rhythmus entspricht. Vielen, die hier malen, entwachsen riesengrosse Räume, die von nie zuvor erkannten Bedürfnissen und Fähigkeiten zeugen. Das Kind (das kleine wie auch das erwachsene) entwickelt eine aussergewöhnliche Geschicklichkeit und nimmt es mit den besten Handwerkern auf. Und doch liegt das Ziel des Malortes auf einer anderen Ebene. Es geht hier um die Entwicklung der Persönlichkeit und die Befriedigung eines unberücksichtigten Bedürfnisses. So erreicht jeder eine Ausgeglichenheit, die ihn vor vielen Gefahren bewahrt, ganz besonders vor der Abhängigkeit, die heute zu einem weltweiten Übel geworden ist.»
Arno Stern, «Der Malort», 2008
Arno Stern
Geboren 1924 in Kassel, wanderte 1933 mit seinen Eltern nach Frankreich aus. Nach seiner Begegnung mit Kindern in einem Heim für Kriegswaisen gründete er in den 1950ern den ersten Malort, der noch heute in Paris besteht.
Mehrere Reisen in die Wüste, den Urwald und den Busch bestätigten ihm in seiner Forschungsarbeit, dass jeder Mensch die Spur in sich trägt. Arno Stern wurde als UNESCO Experte zum 1. Internationalen Kongress für Kunsterziehung delegiert, hält regelmäßig Vorträge und Seminare und betreibt in Paris neben dem Malort das Institut für die Erforschung der Ausdruckssemiologie.
Weiterführende Informationen zu den Malorten nach Arno Stern finden Sie auf Arno Sterns Official Web Site.