Bildungs- und Lerngeschichten

Worum es geht

Die Lern­prozesse des einzel­nen Kindes ver­ste­hen und in ihrer ganzheitlichen Bedeu­tung fes­thal­ten — das Pro­jekt “Bil­dungs- und Lerngeschicht­en” des Deutschen Jugendin­sti­tuts bietet dazu konkrete Vorschläge.

Kinder begreifen sich und die Welt ganzheitlich, d.h. sie ler­nen in einem kom­plex­en Vor­gang, in dem Denken, Fühlen und Han­deln miteinan­der ver­schmelzen. Bil­dung im Kinder­garten wird vor allem als Selb­st­bil­dung ver­standen. Das Kind entwirft von selb­st und in Inter­ak­tion mit der Umge­bung in ein­er ihm eige­nen Art und Weise seine Welt (vgl. Laewen/Andres 2002*). Damit ein­her geht die Forderung in den Cur­ric­u­la der Bun­deslän­der, sich den eige­nak­tiv­en Bil­dungs- und Lern­prozessen der Kinder durch Beobach­tung und Doku­men­ta­tion zu näh­ern, um so das Ler­nen bess­er wahrnehmen und ver­ste­hen zu kön­nen und in angemessen­er Weise zu unter­stützen.

Allerd­ings fehlen in der Prax­is häu­fig immer noch konkrete Vorschläge zur Umset­zung eines Beobach­tungsauf­trags, der die Ganzheitlichkeit von Bil­dungs- und Lern­prozessen bei Kindern berück­sichtigt. Hier knüpft das Pro­jekt des Deutschen Jugendin­sti­tuts (DJI) e.V. zu den „Bil­dungs- und Lerngeschicht­en” an, das den 2001 von Mar­garet Carr aus Neusee­land erar­beit­eten Ansatz der „Learn­ing Sto­ries” auf die aktuelle Sit­u­a­tion in Deutsch­land überträgt und hier erprobt.

Worum geht es bei den Bildungs- und Lerngeschichten?

Beim Ansatz der Bil­dungs- und Lerngeschicht­en geht es darum, Erzäh­lun­gen über die Bil­dung­sprozesse eines Kindes anzufer­ti­gen. Im Unter­schied zu stan­dar­d­isierten Beobach­tungsver­fahren wird hier ein nar­ra­tiv­er, d.h. erzäh­len­der Zugang zu den Bil­dungs- und Lern­prozessen der Kinder ver­fol­gt, weil dieser das ganzheitliche Ler­nen bess­er wider­spiegelt. Durch Erzäh­lung ent­standene Geschicht­en konzen­tri­eren sich nicht nur auf das Kind allein, son­dern berück­sichti­gen auch die Umge­bung des Kindes, die Beziehung zwis­chen dem Kind und seinem Umfeld sowie die Sit­u­a­tio­nen, in denen Lern­prozesse stattge­fun­den haben. Zudem beziehen sie auch die Per­son der beobach­t­en­den Erzieherin mit ein. Es wird die Bedeut­samkeit klar, die ein Vor­gang für das Kind und auch für die Erzieherin hat­te. Der Blick ist dabei auf den Lern­prozess gerichtet: Es inter­essiert nicht so sehr, was die Kinder gel­ernt haben, son­dern, wie sie dies getan haben. Ziel ist es, sich den Bil­dungs- und Lern­prozessen der Kinder durch Beobach­tung und Doku­men­ta­tion zu näh­ern und das Ler­nen in angemessen­er Weise zu unter­stützen. Im Mit­telpunkt des Beobach­tungsver­fahrens ste­hen die von Mar­garet Carr entwick­el­ten Lerndis­po­si­tio­nen.

Was versteht man unter Lerndispositionen?

Mit Lerndis­po­si­tio­nen sind kom­plexe Ori­en­tierungs- und Hand­lungsmuster gemeint, die äußerst aus­baufähig und eng verknüpft sind mit der Aneig­nung von Wis­sen und Fer­tigkeit­en. Wenn von Lerndis­po­si­tio­nen die Rede ist, geht es um die von Geburt an vorhan­dene Bere­itschaft des Kindes, sich alles aneignen zu wollen, was zum Leben in der Fam­i­lie, Gesellschaft und Umwelt benötigt wird. Es geht um einen möglichst großen Fun­dus an Teil­habe­möglichkeit­en und Hand­lungs­fähigkeit­en des Kindes, mit dessen Hil­fe es Lern­möglichkeit­en erken­nt, auswählt, zusam­men­stellt und kon­stru­iert, eini­gen jedoch auch wider­ste­ht. Gut entwick­elte Lerndis­po­si­tio­nen sind notwendig, um sich in mod­er­nen Gesellschaften zurechtzufind­en. Die Fähigkeit­en beispiel­sweise, sich selb­st­ständig neues Wis­sen anzueignen, Verän­derun­gen einzuleit­en und aushal­ten zu kön­nen und im Team zu arbeit­en, wer­den immer wichtiger. Die Fokussierung auf die Lerndis­po­si­tio­nen inner­halb der Bil­dungs- und Lerngeschicht­en dient dazu, Stärken und Ressourcen des einzel­nen Kindes darzustellen. Es geht darum, die Selb­st­wahrnehmung des Kindes als ein Men­sch, der kom­pe­tent ist und etwas bewirken kann, pos­i­tiv zu bee­in­flussen. Bil­dungs- und Lerngeschicht­en richt­en das Inter­esse auch auf das Umfeld und die Sit­u­a­tio­nen, in denen das Entste­hen der Lerndis­po­si­tio­nen erle­ichtert wird, und darauf, wie diese gefes­tigt wer­den kön­nen. Im Pro­jekt „Bil­dungs- und Lerngeschicht­en” des DJI wer­den in Anlehnung an den neuseeländis­chen Ansatz fünf Lerndis­po­si­tio­nen unter­schieden:

  • inter­essiert sein
  • engagiert sein, sich ver­tieft mit etwas beschäfti­gen
  • stand­hal­ten bei Her­aus­forderun­gen und Schwierigkeit­en
  • sich aus­drück­en und mit­teilen
  • an der Lernge­mein­schaft mitwirken und Ver­ant­wor­tung übernehmen

Was sollte im Vorfeld bedacht werden?

Bevor ErzieherIn­nen begin­nen, mit den Bil­dungs- und Lerngeschicht­en zu arbeit­en, sind einige Vor­bere­itun­gen notwendig. Im Team muss die Bere­itschaft und Moti­va­tion gek­lärt wer­den, ein Beobach­tungsver­fahren einzuset­zen, das die päd­a­gogis­chen Hal­tun­gen und Hand­lun­gen sowie die Rah­menbe­din­gun­gen des Arbeit­ens verän­dern wird. Das Team braucht genü­gend Kraft, um den in der Anfangsphase ver­mehrten Aufwand für die Beobach­tun­gen leis­ten zu kön­nen. Die Umstel­lung auf ein offenes Beobach­tungsver­fahren wie die Bil­dungs- und Lerngeschicht­en bringt eine Verän­derung des Zeit­man­age­ments mit sich. Der päd­a­gogis­che All­t­ag muss nach und nach so umgestellt wer­den, dass regelmäßige Zeit­en für die Beobach­tun­gen, Doku­men­ta­tio­nen und den Aus­tausch gefun­den wer­den. Dazu gehört auch, dass dem Team genü­gend Ver­fü­gungszeit für die Vor- und Nach­bere­itung der päd­a­gogis­chen Arbeit zuge­s­tanden wird. Zudem ist es wichtig, dass die ErzieherIn­nen Zeit find­en, um ihre Erfahrun­gen mit dem Beobach­tungsver­fahren und Verän­derun­gen in Hal­tun­gen und Hand­lun­gen zu reflek­tieren und daraus Kon­se­quen­zen für die alltägliche Arbeit zu ziehen. Dazu gehört eine funk­tion­ierende Kom­mu­nika­tion zwis­chen Leitung und Team sowie zwis­chen den einzel­nen Team­mit­gliedern. Weit­er­hin ist es sin­nvoll, dass z.B. im Rah­men ein­er Weit­er­bil­dung gek­lärt wird, was unter Ler­nen und Bil­dung ver­standen wer­den sollte und was es bedeutet, ein „kom­pe­ten­ter Lern­er” zu sein. Auch sollte sich jede Erzieherin damit auseinan­der­set­zen, wie sie selb­st gel­ernt hat, welche Bedin­gun­gen ihr das Ler­nen erle­ichtert oder erschw­ert haben, welche Gefüh­le mit dem Ler­nen in der eige­nen Biogra­phie ver­bun­den waren und welche Auswirkun­gen dies hat­te. Zudem ist es sin­nvoll, sich im Vor­feld mit der offe­nen Beobach­tung und damit ver­bun­de­nen Tech­niken anhand von Video­ma­te­r­i­al, mit Mod­ellen des Zeit­man­age­ments und mit ver­schiede­nen Doku­men­ta­tion­sprak­tiken im päd­a­gogis­chen All­t­ag ver­traut zu machen. Im Pro­jekt „Bil­dungs- und Lerngeschicht­en” des Deutschen Jugendin­sti­tuts e.V. wur­den dazu Fort­bil­dungs­ma­te­ri­alien entwick­elt, die in den Mod­ellein­rich­tun­gen erprobt wer­den.

Wie verläuft die Arbeit mit den Bildungs- und Lerngeschichten?

Das Beschreiben

Im ersten Arbeitss­chritt beobachtet die Erzieherin das Kind in ein­er All­t­agssi­t­u­a­tion in der KiTa und schreibt möglichst genau auf, was die Hand­lun­gen des Kindes sind und vor welchem Hin­ter­grund diese stat­tfind­en. Wichtig ist, dass die Aktiv­itäten des Kindes ohne vor­weggenommene Bew­er­tun­gen fest­ge­hal­ten wer­den. Die fol­gende Beschrei­bung zeigt eine Lernse­quenz, wie sie von den ErzieherIn­nen in den Mod­ellein­rich­tun­gen fest­ge­hal­ten wird.

Beispiel Lisa: Lisa hüpft mit anderen Kindern über Holzele­mente im Flur. Die Kinder ren­nen in ein­er Rei­he an ein­er kleinen Wippe auf der einen Seite hin­auf und auf der anderen Seite wieder herunter. Als Lisa an der Rei­he ist, geht sie zur Seite. Sie schaut zu. Sie bückt sich und hält die Wippe für die anderen Kinder fest; jet­zt wack­elt sie nicht mehr so stark. Die anderen Kinder gehen zum Früh­stück. Lisa ist allein mit den Holzele­menten. Sie bewegt mit der Hand die Wippe, geht dann zwei Schritte daran hoch und hopst herunter. Dies wieder­holt sie mehrmals. Irgend­wann läuft sie bis zur Mitte der Wippe, wartet, bis diese umschlägt, und läuft auf der anderen Seite wieder herunter. Lisa lacht und klatscht in die Hände. Sie läuft zu den anderen Kindern.

Im Anschluss an die Beobach­tung stellt die Erzieherin auf einem weit­eren Form­blatt dar, welche Lerndis­po­si­tio­nen zum Aus­druck kamen, welch­er Lern­vor­gang zu erken­nen war und welche Fähigkeit­en und welch­es Wis­sen das Kind in der beobachteten Sit­u­a­tion gezeigt hat.

Beispiel Lisa: Lisa war sehr engagiert bei der Sache und inter­essiert an der Bewe­gung sowie am gemein­samen Tun mit den anderen Kindern. Sie war richtig ver­tieft dabei und hat genau aufgepasst. Lisa zeigte Bere­itschaft und Inter­esse, sich den Men­schen, Orten und Din­gen in ihrer Umge­bung zuzuwen­den und sich darauf länger einzu­lassen. Zunächst traute sie sich nicht, die Wippe hin­aufzu­laufen und stieß so auf eine Her­aus­forderung und Schwierigkeit. Sie fand jedoch eine Lösung, in der Spiel­gruppe zu bleiben, ohne über die Wippe laufen zu müssen, indem sie diese für die anderen Kinder fes­thielt. Hier zeigte sie die Bere­itschaft und Fähigkeit, Schwierigkeit­en und Unsicher­heit­en auszuhal­ten, ein Prob­lem zu erken­nen und eine Lösung dafür zu find­en. Als Lisa allein war, reizte die Her­aus­forderung sie immer noch. Sie set­zte ihr Inter­esse durch, pro­bierte aus und führte ihr Vorhaben erfol­gre­ich zu Ende. Zudem ver­set­zte sich Lisa in die Lage der anderen Kinder und über­nahm Ver­ant­wor­tung. Dadurch trug sie ihren Teil zur Lernge­mein­schaft bei.

Beobach­tun­gen, wie die zu Lisa, wer­den in zeitlichen Abstän­den mehrfach beim gle­ichen Kind durchge­führt und kön­nen von den ver­schieden­sten Sit­u­a­tio­nen han­deln. So entste­ht über einen gewis­sen Zeitraum aus solchen Auss­chnit­ten des Lebens in der KiTa die ganz indi­vidu­elle Lerngeschichte eines Kindes.

Die Diskus­sion

Die aufgeze­ich­neten Beobach­tun­gen jedes Kindes wer­den in einem weit­eren Arbeitss­chritt im Team disku­tiert. Teil­nehmerIn­nen an diesem Aus­tausch sind meist die ErzieherIn­nen des Teil­teams, aber auch andere Kol­legIn­nen, die das Kind ken­nen. Der Aus­tausch über die Lerngeschicht­en dient dazu, einen Zusam­men­hang zur bish­eri­gen Entwick­lung des Kindes herzustellen und die Wahrnehmungen der Kol­legIn­nen einzubeziehen. Es wer­den ver­schiedene Sichtweisen zusam­menge­tra­gen, auch die der Eltern und des Kindes. Ziel ist es, übere­in­stim­mende Deu­tun­gen zu find­en.

Beispiel Lisa: Bei der Zusam­men­schau von Lisas Lernse­quen­zen über­legen die ErzieherIn­nen gemein­sam, ob Lisas Inter­essen und Fähigkeit­en kom­plex­er gewor­den sind, ob bes­timmte Prob­lem­lö­sungsstrate­gien wie beim Umgang mit der Wippe auch in anderen Lernse­quen­zen aufge­taucht sind, wie Lisa Kon­takt zu anderen Kindern aufn­immt und wie sie kom­mu­niziert. Die Ergeb­nisse dieser Über­legun­gen wer­den von den ErzieherIn­nen schriftlich fest­ge­hal­ten.

Die Entschei­dung

Die Diskus­sio­nen über die Lerngeschicht­en der Kinder mün­den meist in den Arbeitss­chritt „Entschei­den”. Es wird darüber gesprochen, wie auf die Entwick­lun­gen des einzel­nen Kindes angemessen reagiert wer­den kann. Die ErzieherIn­nen disku­tieren, wie man das Kind bei den unter­schiedlich­sten Tätigkeit­en ermuntern kann, Inter­esse zu entwick­eln, sich zu beteili­gen, bei Her­aus­forderun­gen standzuhal­ten, sich mit anderen auszu­tauschen und an der Lernge­mein­schaft mitzuwirken. Es geht darum, die Lerndis­po­si­tio­nen, die das Kind zeigt, zu fes­ti­gen und zu erweit­ern und es in diesen Ver­hal­tensweisen zu ermuti­gen. Die ErzieherIn­nen über­legen also gemein­sam, was getan wer­den kann, um Lern­fortschritte, die sich durch höhere Kom­plex­ität, Häu­figkeit und Inten­sität bemerk­bar machen, zu fördern. Entschei­dun­gen dieser Art wer­den nicht nur bewusst organ­isiert, sie kön­nen auch intu­itiv und spon­tan auf die Ini­tia­tiv­en des Kindes hin erfol­gen.

Beispiel Lisa: Bei Lisa wurde über­legt, welche Ange­bote ihr gemacht wer­den kön­nen, damit sie u.a. ihre motorischen Stärken, ihre Wider­stand­skraft und ihre Aus­dauer ausleben kann. Es wurde entsch­ieden, dass sie im Moment keine weit­ere direk­te Unter­stützung für ihr Ler­nen benötigt. Sie braucht „nur” genü­gend Zeit und Raum, um sich ihren Möglichkeit­en entsprechend zu betäti­gen.

Die Doku­men­ta­tion

Die Doku­men­ta­tion ist ein äußerst bedeu­ten­der Teil der Arbeit mit den Bil­dungs- und Lerngeschicht­en. Ziel ist es, die Lerngeschichte des Kindes gemein­sam mit Eltern, Kindern und ErzieherIn­nen immer wieder zu betra­cht­en und so reflek­tieren zu kön­nen. Ger­ade über das wieder­holte Betra­cht­en und Nach­denken wer­den Lern­prozesse bei allen Beteiligten in Gang geset­zt. Bei den Kindern kann sich so das Gefühl entwick­eln, jemand zu sein, der gut ler­nen kann und viele Stärken hat. Um solche Ziele zu erre­ichen, muss die Doku­men­ta­tion gut auf­bere­it­et sein und alle Beteiligten müssen ein­be­zo­gen wer­den. Bil­dungs- und Lerngeschicht­en lassen sich beson­ders gut in Form von Port­fo­lios doku­men­tieren. Diese eignen sich her­vor­ra­gend, um im wahrsten Sinne des Wortes in die Hand genom­men und herumge­tra­gen zu wer­den. Port­fo­lios kön­nen leicht und schnell verän­dert und erweit­ert wer­den. Aber auch an den Wän­den kön­nen Bil­dungs- und Lerngeschicht­en sowie der Prozess ihrer Entste­hung doku­men­tiert wer­den.

Was bringt die Arbeit mit den Bildungs- und Lerngeschichten?

Erste Erfahrun­gen mit Bil­dungs- und Lerngeschicht­en in den Mod­ellein­rich­tun­gen zeigen, dass die Beobach­tun­gen einen grundle­gen­den Prozess des Umdenkens aus­lösen, der auch die päd­a­gogis­chen Hand­lun­gen verän­dert. Die ErzieherIn­nen erleben durch die Beobach­tun­gen ihre Rolle und ihre eige­nen Lern­prozesse bewusster und reflek­tieren ihre Hand­lun­gen stärk­er. Sie bericht­en, dass sich durch die freien Beobach­tun­gen der Blick auf die Kinder verän­dert. Und auch wenn ger­ade keine Beobach­tun­gen durchge­führt wer­den, sehen sie eher, wann etwas Wichtiges für ein Kind passiert. So nehmen die päd­a­gogis­chen Fachkräfte jedes einzelne Kind aufmerk­samer wahr und ler­nen es bess­er ken­nen. Sie stellen fest, dass sie die Kinder nach der Beobach­tung häu­fig anders ein­schätzen, sie oft auch unter­schätzt haben. Die ErzieherIn­nen sind ges­pan­nt darauf, wie ein Kind Lösungswege find­et und über­rascht, welche eigen­willi­gen Wege es manch­mal geht, um etwas zu ler­nen. Sie merken, dass sie weniger in die Hand­lun­gen der Kinder ein­greifen und sich eher zurück­hal­ten. Zudem erleben die ErzieherIn­nen den regelmäßi­gen Aus­tausch über die Bil­dungs- und Lerngeschicht­en der Kinder als Gewinn für ihre Pro­fes­sion­al­ität. Es wird als sehr pos­i­tiv erlebt, dass man zusam­menkommt, um anhand der schriftlichen Aufze­ich­nun­gen über einzelne Kinder zu sprechen. Die ErzieherIn­nen erfahren, dass die Kol­legIn­nen oft ähn­liche Sichtweisen auf das Kind haben, und fühlen sich sicher­er und bestätigt in ihrer Arbeit. In vie­len Mod­ellein­rich­tun­gen hat jedes Kind einen eige­nen Ord­ner, in dem die Lerngeschicht­en doku­men­tiert wer­den. Das Regal mit diesen Ord­nern ste­ht in den Grup­pen­räu­men meist an einem Ort, der gemütlich ein­gerichtet wurde. Sie sind dem Kind, den Eltern und den ErzieherIn­nen jed­erzeit zugänglich, so dass sich häu­fig Gespräche zwis­chen Eltern und ErzieherIn­nen, Kindern und Eltern sowie zwis­chen ErzieherIn­nen und Kindern über die Lerngeschicht­en ergeben. Dadurch inten­siviert sich der Aus­tausch über das Kind und dessen Bil­dungs- und Lern­prozesse. ErzieherIn­nen bericht­en, dass sie sich in den Gesprächen mit Eltern sicher­er fühlen und der Gesprächsver­lauf zwan­glos­er und part­ner­schaftlich­er ist. Die Kinder genießen die Aufmerk­samkeit und die Zeit, die sich die ErzieherIn­nen für sie nehmen, während sie beobacht­en und doku­men­tieren. Sie inter­essieren sich sehr für ihre eige­nen Lerngeschicht­en und erk­lären den ErzieherIn­nen anhand von Foto- oder Videodoku­men­ta­tio­nen, was sie in ein­er bes­timmten Sit­u­a­tion getan und gedacht haben.